28.10.2010
XING ist eine der führenden Plattformen für soziale Netzwerke mit einem Schwerpunkt auf beruflichen und geschäftlichen Kontakten. Deshalb ist XING von besonderer Relevanz für die Arbeitswelt. Im September dieses Jahres erlebte die Plattform einen Relaunch. In unserem Test des Monats Oktober haben wir überprüft, wie es um die Barrierefreiheit des neuen XING bestellt ist.
Startseite XING (www.xing.de)
Die Plattform XING wurde bereits im Jahre 2007 im Rahmen einer Diplom-Arbeit mit dem BITV-Test untersucht ("Das Web 2.0 unter dem Aspekt der Barrierefreiheit" von Kirstin Göbel). Die Arbeit wurde als Buch veröffentlicht. Eine Rezension findet sich bei www.sprungmarker.de. Die damalige Untersuchung zeigte zahlreiche Mängel in Sachen Barrierefreiheit. Die Ergebnisse sind aber durch den XING Relaunch nicht länger aktuell. Hat sich also die Zugänglichkeit von XING vielleicht sogar ausgelöst durch die in der Diplomarbeit gemachten Vorschläge verbessert?
Getestet wurde ein relativ kleiner Bereich der XING-Anwendung, nämlich fünf Seiten/Ansichten:
Nicht berücksichtigt haben wir Funktionen wie "Kontakte hinzufügen" oder "Nachrichten schreiben" sowie Gruppen-Mitgliedschaften (also im Prinzip das fortgeschrittene "Netzwerken"). Unser Test sollte daher also eher als Stichprobe betrachtet werden. Eine vollständige Prüfung der Anwendung können wir im Rahmen eines "Tests des Monats" nicht leisten.
Alle Ergebnisse im Prüfbericht beziehen sich auf Seiten, die eine Premium-Mitgliedschaft voraussetzen. Damit weichen wir vom bisherigen Prinzip ab, im Test des Monats ausschießlich öffentliche Angebote zu testen, bei denen sich der Prüfbericht Punkt für Punkt anhand der getesteten Seiten nachvollziehen lässt. Dies ist beim XING-Test mit Ausnahme der Startseite nicht ohne Weiteres möglich: wer die getesteten Seitentypen ansehen will, muss entweder bereits XING-Mitglied sein oder Mitglied werden.
Im Folgenden beschäftigen wir uns mit einigen wichtigen Aspekten: Textalternativen, Tastaturbedienung, Strukturierung und JavaScript. Die vollständigen Ergebnisse finden sich im Prüfbericht.
Neben einigen für die Bedienung und das Verständnis wichtigen Icons, die als Hintergrundbilder eingebunden sind und damit keine Textalternative haben können, fällt die nicht konsistente Verwendung von alt
-Attributen für verlinkte Grafiken auf. Deutlich wird das bei den in unterschiedlichen Kontexten verwendeten Profilbildern der Mitglieder beziehungsweise Kontakte. Die Alternativtexte sind in vielen Fällen leer, oft ist gar kein alt
-Attribut vorhanden oder es wird nur ein title
-Attribut verwendet.
Die Tastaturbedienbarkeit weist erhebliche Mängel auf. Das betrifft besonders dynamisch eingeblendete Elemente wie Lightbox-Ansichten, Ausklapp-Menüs oder Infotexte.
tabindex
manipuliert. Bei einer Anwendung wie XING kann das Sinn machen. Hier wird aber nicht konsequent an die Tastaturnutzer gedacht. Der Fokus wird z.B. auf Eingabefelder für das Login gelegt, damit verbundene Funktionen (z.B. "Passwort vergessen") werden aber nicht mit in die neue Tastaturreihenfolge übernommen. Die Inhalte sind ausreichend mit HTML-Überschriften ausgezeichnet, und am Seitenanfang gibt es einen Sprunglink. Dennoch gibt es Mängel:
Dass eine ausgewachsene "Web 2.0"-Anwendung wie XING nicht ohne JavaScript auskommt, ist keine Überraschung. Nach der derzeit gültigen BITV wird jedoch noch "auch ohne Scripte nutzbar" (Prüfschritt 6.3.1) verlangt, und diese Anforderung ist nicht erfüllt. So ist etwa die Erstregistrierung für die Anwendung ohne JavaScript nicht möglich. Bereits registrierte Nutzer, die ohne JavaScript unterwegs sind, werden wiederholt in einer Fehlermeldung darum gebeten, JavaScript zu aktivieren. Viele der hier geprüften Funktionen, etwa die Suche, waren aber trotz dieser Fehlermeldung nutzbar. Andere Funktionen wie die Sprachauswahl (links oben auf der Startseite) funktionieren jedoch nicht ohne JavaScript.
Die oben beschriebenen Mängel gelten auch für Seiten, die bei einer Basis-Mitgliedschaft ausgeliefert werden. Neben funktionellen Einschränkungen (z.B. bei der Suchfunktion) wird die Zugänglichkeit aber vor allem durch nicht optimal eingebettete (Eigen-)Werbung noch weiter eingeschränkt. Das betrifft etwa fehlende Textalternativen, Ablenkung durch Blinken und Bewegung, und iframes ohne Bezeichnung.
Insgesamt kommen wir auf ein Ergebnis von 72,25 Punkten, was auch ohne die Abwertung für mangelnde Tastaturbedienbarkeit "schlecht zugänglich" bedeutet. Das ist schade, denn die XING-Seiten sind gegenüber anderen sozialen Netzwerken vergleichsweise übersichtlich gestaltet und verzichten weitgehend auf JavaScript-Spielereien. Hier könnten Optimierungen mit relativ wenig Aufwand die Zugänglichkeit deutlich verbessern.
Internetadresse: www.xing.de
Geprüft am: 28. 10. 2010
Testergebnis: 72,25 von 100 Punkten (schlecht zugänglich)